Umrüstung KTL-Tauchbecken mit Kunststoffbeschichtung im VW-Werk Zwickau

1. Ausgangssituation

Unser Auftraggeber die EKK Anlagentechnik GmbH & Co. KG in Friedberg ist Spezialist für Planung und Ausführung von kunststoffbeschichteten Tauchbecken für die kathaphoretische bzw. kathodische Tauchlackierung (KTL) von Fahrzeugkarosserien. Die EKK wurde von Ihrem Kunden, die Volkswagen Sachsen GmbH in Zwickau beauftragt, in den Werksferien vom 24.07 bis zum 07.08.2022 das vorhandene KTL-Tauchbecken aus Stahlblech mit Isolierbeschichtung komplett mit Kunststoff auszukleiden. Die HOPFGARTNER Kunststoff- & Umwelttechnik GmbH wurde als langjähriger und zuverlässiger Partner von der EKK mit der Werkstatt-Vorfertigung aller Einzelbauteile nach Maßvorgaben sowie zur Unterstützung bei der Kunststoffauskleidung des kompletten KTL-Tauchbeckens vor Ort beauftragt.
Die große Herausforderung besteht in der Bauausführung innerhalb eines extrem engen Zeitfensters von nur 2 Wochen durch den Kunden.

Folgende Gründe waren aus Kundensicht für die Ausführung des Projektes maßgeblich.

  • Häufige mechanische Beschädigungen der aktuellen Stahlblech-Isolierbeschichtung des KTL-Tauchbeckens sowie die damit verbundenen aufwendigen Reparaturen und der damit verbundenen Produktionsstillstände
  • Optimierung der Tauchlackqualität im KTL-Prozess und damit zu einer verbesserten Grundbeschichtung der Karosserieoberfläche und Hohlräume
  • Einsparung von hohen Stromverlusten im KTL-Prozess
  • Positive Praxiserfahrungen und hohe Optimierungspotenziale in anderen Werken
  • Kurzfristige Amortisation der Investitionskosten

Was bedeutet KTL?
Die kathodische Tauchlackierung (KTL) ist ein elektrochemisches Verfahren, bei dem das Objekt (Fahrzeugkarosserie) in einem Bad aus wässrigem Tauchlack unter einer Gleichspannung von bis zu 360 Volt und 4.500 Ampere beschichtet wird.


Was bringt eine KTL-Beschichtung für Karosserien?
Die KTL-Beschichtung erzeugt eine homogene, ansprechende schwarze Oberfläche und sorgt durch die Passivierung in der Vorbehandlung für einen deutlich höheren Korrosionsschutz.


Was ist und wie funktioniert allgemein eine KTL-Beschichtung?
Beim KTL-Verfahren ist das zu beschichtende Werkstück (z. B. Fahrzeugkarosse) elektrisch negativ geladen und wird in ein Lackbad mit positiv geladenen Lackpartikeln getaucht, die von der Fahrzeugkarosserie angezogen und auf ihm abgeschieden werden. Die Partikel des Tauchlacks bilden dann automatisch einen gleichmäßigen Lackfilm über die gesamte Oberfläche.


Bild 1: Funktionsprinzip - Kathodische Tauchlackierung (KTL)
Bildquelle: EKK Anlagentechnik GmbH & Co. KG, Friedberg

Die kathodische Tauchlackierung ist eine sehr umweltfreundliche Methode, da als Lösemittel nur Wasser eingesetzt wird. Die hohe Lackausbeute beträgt bis zu 98,5 %, somit werden lediglich 1,5 % des eingesetzten Lacks ausgetragen. Die KTL-Beschichtung verfügt über ein ausgezeichnetes Umgriffverhalten, was in einer sehr homogenen Beschichtung von Metalloberflächen und vor allem Hohlräumen der Fahrzeugkarosserien mit gleichmäßigen Schichtdicken und hervorragenden Oberflächenqualitäten resultiert.

2. Projektziele

Für das herausfordernde Gesamtprojekt Umrüstung eines KTL-Tauchbeckens mit Kunststoffbeschichtung im VW- Werk Zwickau sind mehrere herausfordernde Kundenziele zu erreichen.

  • Genaue Aufmaß-Erstellung zur Angebotserstellung im geleerten und gereinigten KTL-Tauchbecken vor Ort mindestens 3 Monate vor Ausführung (Angebotserstellung und Auftragserteilung vorausgesetzt), anschließend detaillierte Konstruktion und Planung

  • Garantierte Einhaltung des engen Zeitfensters von 2 Wochen (VW-Werksferien) für die komplette Ausführung der Kunststoffauskleidung im KTL-Tauchbecken.

  • Maßgenaue Vorfertigung aller Einzelbauteile aus Kunststoff und fristgerechte Bereitstellung vor der Ausführung

  • Erfüllung der hohen Qualitätsansprüche des Kunden

  • Hohe Energieeinsparung durch eine signifikante Reduzierung von Stromverlusten

  • Ausschluss von mechanischen Beschädigungen an der Kunststoff-Tauchbeckenauskleidung und damit Vermeidung von alljährlichen und aufwendigen Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie von kostenintensiven Anlagen - Stillstandszeiten

  • Gewährleistung einer 100%-Dichtheit des KTL-Tauchbeckens nach der Kunststoffauskleidung (Dichtheit aller Schweiß- und Verbindungsnähte)

  • Einsatz eines medien- und temperaturbeständigen Werkstoffs PP-H für eine lange Lebensdauer sowie zur Reduktion von Lackanhaftungen, so dass regelmäßige Reinigungsintervalle entfallen

3. Lösungskonzept

Das Lösungskonzept besteht aus einem professionellen Gesamtkonzept unseres Auftraggebers EKK als ganzheitliche Systemlösung aus einer Hand – von der Konzeption, Aufmaßerstellung, Planung und Konstruktion sowie der Herstellung und Lieferung aller Kunststoffbauteile und unterstützende Ausführung der Kunststoffauskleidung vor Ort durch Hopfgartner.

Bei der Werkstoffauswahl zur Kunststoffauskleidung hat sich EKK und sein Kunde aufgrund der hohen Festigkeit und chemischen Beständigkeit gegenüber einer konzentrierten Reinigungslösung für Polypropylen PP-H hellgrau (-5°C bis +80°C) von Röchling entschieden. Die vollständige Tauchbeckenauskleidung mit diesem hochwertigen und nachhaltigen Kunststoff garantiert eine lange Lebensdauer. Untersuchungen von EKK bei diesem Kunststoff, der bereits 8 Jahre in einem KTL-Tauchbecken im Praxiseinsatz war, haben die Plattenproben kaum Materialermüdungen aufgezeigt.

Eine Auskleidung des KTL-Tauchbeckens mit Kunststoffplatten bildet eine Isolierschicht für das bestehende KTL- Tauchbecken aus Stahl mit Isolierbeschichtung. Diese Technik ist eine nachhaltige und bewährte Lösung für die Auskleidung von KTL-Tauchbecken, wie sie heute bereits in der Automobilindustrie eingesetzt werden.
Dabei werden die PP-H-Kunststoffplatten an definierten Punkten in bestimmten Abständen an der zu beschichtenden Wand aus Stahl zusätzlich mit Schrauben befestigt. Man erzielt dadurch eine hohe Elastizität, so dass bei Temperaturschwankungen die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten der Materialien Stahl und Polypropylen ausgeglichen werden. Die Verschweißung erfolgt mit Warmgas-Schweißextrudern und einer entsprechenden zerstörungsfreien Funkeninduktionsprüfung nach DVS 2206-4 zur Dichtheitsprüfung der Schweißnähte.

Aufgrund der ausgezeichneten chemischen Beständigkeit und der sehr guten Lackverträglichkeit von Polypropylen PP-H, eignen sich PP-H-Platten optimal für Kunststoffauskleidungen von KTL-Tauchbecken. An der glatten Oberfläche des Materials bilden sich kaum Lackanhaftungen, so dass regelmäßige Reinigungsintervalle entfallen.
Die Leckageüberwachung von EKK zeigt eventuell auftretende Undichtigkeiten im Tauchbecken nach Füllung schnell und sicher über den Füllstand an, so dass keine jährlichen KTL-Tauchbeckeninspektionen zur Feststellung von Schadstellen notwendig sind.

Durch die Auskleidung des vorhandenen KTL-Tauchbeckens im „Lose Hemd“-Verfahren entsteht eine Doppelwandigkeit, was in einer hohen Anlagensicherheit resultiert. Eventuell auftretende Leckagen werden in der Leckageüberwachung visuell angezeigt.

Die im KTL-Becken benötigten Zubehörteile und Anbauten aus PP-H, wie z.B. Flutrohre und Haltersysteme für Bodenrohr-Dialysezellen, können problemlos angeschweißt werden. Zusätzlich sorgt die strömungsoptimierte Ausführung sowie die glatte Oberfläche des Kunststoffs PP-H der Einbauteile für eine verbesserte Badströmung und eine optimale Badumwälzung im KTL-Becken.

Flutrohre mit Düsen aus PP-H unterstützen die Lackumwälzung im KTL-Becken. Dadurch wird der Lack gleichmäßig durchgemischt und Pigmentsedimentation wird vorgebeugt. Hopfgartner fertigt die Flutrohre angepasst auf die jeweilige Beckengeometrie und statten sie je nach Kundenbedarf mit entsprechender Anzahl und Art von Düsen aus.

4. Umsetzung

Nach Eingang der Kundenanfrage von VW Zwickau bei EKK wurden zunächst für die Angebotserstellung alle wichtigen Abmessungen wie Tauchbecken, Ablaufstutzen, etc. vor Ort im VW-Werk in der geleerten und gereinigten KTL-Anlage genau vermessen.

Auf Basis dieser Messdaten wurde von EKK ein Komplettangebot erstellt. Nach der Auftragserteilung von VW konnte EKK die genaue Planung und Konstruktion in 3D für die komplette Tauchbeckenauskleidung sowie die Vielzahl der Kunststoff-Einzelbauteile wie Rohrstutzen, Flutrohre etc. durchführen, die später bei Hopfgartner in der Kunststoffwerkstatt maßgenau gefertigt werden.

Nach erfolgter Kundenfreigabe der Detailplanung wurde im nächsten Schritt die zeitlich eng bemessene Ausführungsplanung für die Vorfertigung der vielfältigen Einzelbauteile aus Kunststoff PP-H sowie die detailgenaue Ausführung vor Ort in enger Abstimmung mit Hopfgartner für den gewünschten Zeitraum geplant.
Hierfür mussten zunächst die entsprechenden Mitarbeiter-Ressourcen geschaffen werden.

Die Ausführung der Kunststoffbeschichtung des KTL-Tauchbeckens sowie die Integration aller vorgefertigten Einzelbauteile im Zweischichtbetrieb soll innerhalb von nur 10 Tagen erfolgen. Hierfür haben wir 2 Schichten mit je 6 Mitarbeitern (Kunststoffschweißer und Projektleiter) ermittelt und eingeplant.

1. Schicht: Beginn 05:00Uhr bis 15:00Uhr
2. Schicht: Beginn 14:00Uhr bis 24:00Uhr

Alle notwendigen Kunststoff-Einzelbauteile wurden rechtzeitig gemäß der von EKK erstellten Konstruktionspläne als Sonderanfertigung in der Kunststoffwerkstatt von Hopfgartner individuell vorgefertigt und einen Tag vor Ausführungstermin bei VW in Zwickau angeliefert. Kurz vor dem geplanten Ausführungstermin wurde das Tauchbecken von VW-Dienstleistungsfirmen komplett geleert und sauber gereinigt. Anschließend wurden von einer Stahlbau-Spezialfirma zunächst alle unnötigen Metallteile mit Flex entfernt und wieder gereinigt.

Ab diesen Zeitpunkt konnte Hopfgartner mit der Kunststoffauskleidung des KTL-Tauchbeckens beginnen.
Nach Einbringung der Kunststoffplatten aus PP-H hellgrau mit den Abmessungen 3m x 1,5m und einer Wandstärke von 15mm wurden diese in der entsprechenden Position im Tauchbecken ausgelegt, verschweißt und verschraubt, um eine ungewollte Längenausdehnung zu vermeiden. Mit Hilfe der Funkeninduktionsprüfung nach DVS 2206-4 konnten gleichzeitig alle Schweißnähte zerstörungsfrei auf Dichtheit geprüft werden. Anschließend sind alle auf Maß vorgefertigten Kunststoff-Einzelbauteile in der entsprechenden Position gemäß Planung angebracht und dicht verschweißt worden. Nach Fertigstellung aller Arbeiten und einer Wiederbefüllung des KTL-Tauchbeckens wurde eine Dichtheitsprüfung durchgeführt und vom Kunden freigegeben. Anschließend konnte das kunststoffbeschichtete KTL-Tauchbecken fristgerecht von VW wieder in Betrieb genommen werden.
Der Kunde VW war von unserer partnerschaftlichen Zusammenarbeit (EKK & Hopfgartner), Ausführung, Qualität und Termineinhaltung begeistert.


Bild 2: KTL-Tauchbecken mit PP-H-Plattenauskleidung ausgestattet mit Flutrohren und Crashrails
Bildquelle: EKK Anlagentechnik GmbH & Co. KG, Friedberg


Bild 3: Vorgefertigte Flutrohre aus PP-H
Bildquelle: HOPFGARTNER Kunststoff- & Umwelttechnik GmbH, Ilmendorf


Bild 4: KTL-Tauchbecken mit verschweißten PP-H-Kunststoffplatten
Bildquelle: HOPFGARTNER Kunststoff- & Umwelttechnik GmbH, Ilmendorf


Bild 5: Auslauf-/Einlaufstutzen aus Kunststoff PP-H mit Pressdichtungsflansch
Bildquelle: HOPFGARTNER Kunststoff- & Umwelttechnik GmbH, Ilmendorf


Bild 6: EKK-Bodenrohrdialysezellen oder freie Anoden
Bildquelle: EKK Anlagentechnik GmbH & Co. KG, Friedberg


Bild 7: In der Kunststoffwerkstatt vorgefertigte Kunststoff-Einzelbauteile aus PP-H
Bildquelle: HOPFGARTNER Kunststoff- & Umwelttechnik GmbH, Ilmendorf

 

 

5. Kundennutzen
  • Materialschädigungen durch aggressive Reinigungsmedien sind ausgeschlossen
  • Gewährleistung einer nachhaltigen KTL-Prozess-Sicherheit
  • Optimierte Tauchlackqualität im KTL-Prozess und damit eine verbesserte Grundbeschichtung der Karosserieoberfläche und Hohlräume
  • Hohe Funktionssicherheit und lange Lebensdauer durch Lackmediumbeständige Werkstoffauswahl PP-H
  • Garantierte Einhaltung des engen Zeitfensters von 2 Wochen (VW-Werksferien) für die komplette Ausführung und damit keine zusätzlichen Anlagen – Stillstandszeiten
  • Hohe Energieeinsparung durch eine signifikante Reduzierung von Stromverlusten durch Kunststoffauskleidung des KTL-Tauchbeckens (Kunststoff als Isolator)
  • Ausschluss von mechanischen Beschädigungen an der Tauchbeckenauskleidung und damit Vermeidung von alljährlichen und aufwendigen Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie von kostenintensiven Anlagen- Stillstandszeiten
  • Kurzfristige Amortisation der gesamten Investitionskosten

EKK Anlagentechnik GmbH & Co. KG in Friedberg ist Spezialist für Planung und Ausführung von kunststoffbeschichteten Tauchbecken für die kathaphoretische...

Kunde:

EKK Anlagentechnik GmbH & Co. KG

Bauherr:

Volkswagen Sachsen GmbH, Zwickau

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01. August 2022

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